Russland

km ~5000 Transsib 50h

Wir sind nun im Zug von Nizhny nach Krasnoyarsk. Die 3583km lange Strecke wird uns so ca. 50h am Stück durch einen grossen Teil Russlands bringen. Nachdem wir ziemlich kaputt endlich abends um halb 12 in unseren „Enissey“ Zug einsteigen durften, haben wir den restlichen Abend bei einer guten Flasche Wein genossen. Die erste Nacht war schon mal wunderbar. Das Schaukeln und die Geräusche des Zugs machen genau das, was einem als Kind wohl auch schon die Augen zufallen liess. So haben wir auf unseren schmalen und relativ harten Matratzen trotzdem sehr gut und vor allem lang geschlafen. Jasmin hat gleich mal bis halb eins geschlafen, aber nach den vergangenen, anstrengenden Tagen mit zu wenig Schlaf war das wohl mal nötig. Wir sind mittlerweile schon 2 Tage im Zug und es stellt sich so langsam eine tiefe Entspannung ein. Am Fenster fliegen wunderschöne Landschaften vorbei, vor allem sehr viel Birkenwald, grosse Flüsse mit pompösen Häusern aber auch sehr viele Bruchbuden und Baracken aus Holz und verfallenem Beton.



Teilweise sind die Häuser so klein, dass sie bei uns als Schrebergärtenhäuschen durchgehen würden. Aber die Menschen wohnen offenbar darin. Kaum vorzustellen, wie es sich hier im sibirischen Winter in so einem Holzhäuschen lebt. Je tiefer wir nach Osten vordringen, desto fremder wirken die Landschaften. Während der Wald am Anfang eher an einen Wald in Bayern oder der Schweiz erinnert, sind die Wälder zwischen Omsk und Novosibirsk schon eher fremd, durchzogen von Schilfflächen und Sümpfen, die immer wieder bis an den Horizont reichen. Gestern sind wir noch so bis 3 Uhr morgens wach gewesen und haben bei nem kühlen Bier und nem Backgammon den langen Sonnenuntergang beobachtet. Es wird auch hier in der Nacht nie so richtig dunkel, erst so ab 11 wird’s einigermassen düster. Am Horizont bleibt immer ein malerischer Farbverlauf von dunklen Orange in das Nachtblau übergehend und ab 3 Uhr nachts wird es schon langsam wieder heller. Als wir gerade ins Bett gehen wollten, sind über den Sümpfen die Nebelfelder aufgestiegen, was zwar sehr hübsch anzusehen war, aber es hätte auch gut eine Kulisse für einen Zombiefilm abgegeben.
Die Taiga ist auf der einen Seite landschaftlich sehr reizvoll, auf der anderen Seite ist es auch irgendwie eine trostlose Gegend, in der ich mir nicht wirklich vorstellen könnte, zu leben. Es vergehen immer wieder viele Kilometer, bis man ein Haus oder ein Auto sieht.


Und wenn Zivilisation zu sehen ist, ist der Eindruck meist mit Verfall oder zumindest mit einem sehr einfachen Leben verbunden. Die Strassen der kleinen Dörfer sind meist nur Schotterwege, der Feldweg neben dem Gleis sieht so aus, als ob dort lediglich Pferde unterwegs sind. Und in den grösseren Städten wechseln sich kaputte Strassen mit riesigen Monumenten oder gigantischen Häuserfassaden ab. Es ist schon ein merkwürdiger Gegensatz, der einem immer wieder begegnet.


Im Gegensatz zum Fliegen macht einem die lange Zugfahrt in die immer gleiche Richtung die Distanzen spürbar, wie unglaublich riesig dieses Land ist.
An den Bahnhöfen haben wir meistens eine halbe Stunde Zeit, bis der Zug mit frischem Wasser und was noch so nötig ist, wieder befüllt wurde. Wir nutzen die Gelegenheit und steigen kurz aus und gucken uns am Bahnhof von Jekatarinburg, Omsk, Nowosibirsk und ein paar kleineren Käffern um.


Wir kaufen frische Früchte für einen Spottpreis oder nehmen noch ein kühles Bierchen mit in den Zug. Trinkgeld nimmt aber interessanterweise keiner der Standbesitzer an, die Russen bestehen darauf, dass man auch einen einzigen Rubel unbedingt mitnehmen muss. Sobald wir aber 20min unterwegs sind, ergreift uns jedesmal ein bisschen die Panik und wir beeilen uns zurück zum Zug, wär ja schon doof wenn der ohne uns abfährt. Aber angeblich kümmern sich ja unsere Zugladies darum, dass immer alle da sind und keiner zurückgelassen wird.
So vergehen die Stunden wie im Flug und auch die dritte Nacht am Stück schlafen wir gut in unserem Zug, nächster Stop ist die drittgrösste Stadt Russlands, Krasnojarsk. Dort werden wir 2 Tage im Stolby Nationalpark wandern und zelten….

Ein Kommentar

  • Nici

    GEIL, Ihr Abenteurer!! Das hört sich superspannend an, voll abgefahrene Eindrücke, immer her damit!! Viel Spaß und gutes Wetter im Nationalpark :-* Knutsch ya!

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